Ich habe jetzt eine ganze Weile gewartet, bevor ich auch ein paar Zeilen schreibe zu NSA, PRISM, GCHQ, Tempora, Edward Snowden, BND, MAD und so weiter. Zuvorderst: Was wir durch Whistleblower Snowden nach und nach erfahren, hat mich jetzt nicht wirklich überrascht. So geht es denke ich vielen – und das ist vermutlich und leider auch der Grund dafür, dass es so wenig lautstarken Protest gibt.
Was die NSA so treibt, kann jedermann in der Wikipedia nachlesen. Zum Beispiel:
Die NSA ist für die weltweite Überwachung, Entschlüsselung und Auswertung elektronischer Kommunikation zuständig und in dieser Funktion ein Teil der Intelligence Community, in der sämtliche Nachrichtendienste der USA zusammengefasst sind. Die NSA arbeitet mit Geheimdiensten befreundeter Staaten zusammen.
Oder auf Homepage der NSA:
SIGINT is intelligence derived from electronic signals and systems used by foreign targets, such as communications systems, radars, and weapons systems. […] NSA’s SIGINT mission is specifically limited to gathering information about international terrorists and foreign powers, organizations, or persons.
(die NSA hat auch eine sehr schöne „Core Values Brochure“)
Ähnliche Aufgaben und ein ähnliches Selbstverständnis haben auch die Dienste anderer Länder inklusive unserer eigenen (dass sie alle auch ein bisschen Wirtschaftsspionage betreiben, wird nicht so gern öffentlich eingeräumt). Aushorchen tun sie immer nur Menschen im Ausland; im eigenen dürfen sie das nämlich nicht.
Das immer klarer zutage tretende Perfide ist nun aber, dass die Nachrichtendienste von „befreundeten“ Dienste die Drecksarbeit erledigen lassen, die ihnen selbst im eigenen Land verboten ist – ihre Bürger (uns!) massenhaft und grundlos ausspionieren. Und sich die Informationen dann von denen holen. Das ist schlicht und einfach eine Riesensauerei. Die Umkehr der Unschuldsvermutung stellt die Grundfesten unseres Rechtsstaates auf den Kopf, wie Richard Gutjahr treffend in seinem offenen „Brief an meine Überwacher“ formuliert.
Edward Snowden sollten wir alle auf ewig dankbar sein, dass er diese Riesensauerei öffentlich gemacht hat. Er ist deswegen für mich – genau wie Bradley Manning übrigens, der gerade vor einem US-Kriegsgericht steht, weil er US-Kriegsverbrechen öffentlich gemacht hat – ein echter Held des 21. Jahrhunderts.
Wir alle müssen jetzt mächtig aufpassen, dass uns die politische Klasse unser Netz nicht entzaubert. Denn die wirksamste Waffe gegen das Internet wäre wohl, es umfassend – und nachhaltig (hier passt die Politphrase) in Misskredit zu bringen, warnt Michael Konitzer bei „CARTA“.
Marina Weisband, die frühere (und einzig wahre) politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, hat das in der „Welt“ sehr schön postuliert:
Wir müssen Gesetze erwirken, die es uns erlauben, uns anonym durch das Internet zu bewegen und Daten zu hinterlassen, die nicht miteinander verknüpft werden dürfen. Es muss ausgeschlossen werden, dass bestimmte Dienste oder Verbindungen über das Internet beschränkt oder zensiert werden.
Wir müssen bewirken, dass eine verdachtsunabhängige Überwachung, wie sie bei Prism oder bei der vorgeschlagenen Vorratsdatenspeicherung passiert, illegal ist. Wir dürfen keine zentralen Datensammlungen zulassen. Diese Maßnahmen sichern uns eine Austauschplattform, in der wir uns frei fühlen und reden können.
Und Rechtsanwalt Thomas Stadler führt den guten alten Kant ins Feld gegen die „lichtscheue Politik“:
Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht.
Das kann man ganz wunderbar abschließend stehen lassen.