Also wenn ich Larry Page wäre, dann hätte ich meine Frühjahrsputz-Kolonne längst zurückgepfiffen, erklärt, dass der Google Reader weiterleben wird und mich entschuldigt. Den RSS-Reader abzukündigen ist meiner Meinung nach das Dümmste, was Google seit Jahren getan hat. Weil es damit ohne Not mühsam aufgebautes Vertrauen zerstört, noch dazu bei besonders technisch affinen Nutzern.
Ich persönlich habe in den letzten Jahren gar nicht mehr so oft direkt in den Google Reader reingeschaut. Aber ich nutze mobil und stationär doch eine ganze Reihe von Apps und Programmen, die Google Reader zur Synchronisierung verwenden. Reeder zum Beispiel oder Nextgen Reader. Die werden sich jetzt alle ein neues Backend suchen müssen. Und ob Feedly oder sonst jemand das rechtzeitig stemmen kann, weiß im Augenblick noch niemand.
Klar, es ist niemals ratsam, seine Software oder sein Geschäftsmodell auf einer Plattform aufzubauen, die jemand anderes betreibt und kontrolliert. Davon können zum Beispiel viele Entwickler von Third-Party-Clients für Twitter ein trauriges Lied singen. Und es ist ja auch nicht so, dass sich das Ende von Google Reader nicht schon seit geraumer Zeit abgezeichnet hätte.
Einer Firma, die einmal mit dem Motto „Don’t be evil“ angetreten ist, steht ein solches Verhalten trotzdem einfach nicht gut zu Gesicht. Google war und ist in besonderem Maße auf das Vertrauen seiner Nutzer angewiesen und setzt dieses gerade einmal mehr leichtfertig aufs Spiel. Ich schließe mich hier mal Om Malik an, der anlässlich der Vorstellung von Google Keep gestern sehr treffend geschrieben hat:
The service that drives more traffic than Google+ was sacrificed because it didn’t meet some vague corporate goals; users — many of them life long — be damned. Looking from that perspective, it is hard to trust Google to keep an app alive.
[…]
Evernote is like Derek Jeter, playing shortstop and trying to win every day. Google? It is the digital Mr. Ripley.
[…]
How about a pledge? If you build it, we use it, and you use our personal data to make your other products better or your ad sales executives richer, then you will keep it around.
‚Nuff said.