Vorsicht, Rant!

Ich hab’s vorhin ja schon getwittert: Es fühlt sich einfach scheiße an, in einem Land zu leben, das de facto eher von Lobbyisten als von Volksvertretern regiert wird.
Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zu einem Leistungsschutzrecht für Presseverleger beschlossen. Obwohl eigentlich jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand sofort erkennt, dass die zugrundeliegende Idee vollkommen unlogisch ist – und viele fast jeglicher Couleur das im Vorfeld auch schon öffentlich geäußert haben.
Das Unding steht im schwarz-gelben Koalitionsvertrag, weil Verlags-Lobbyisten – allen voran Christoph Keese von Axel Springer – es da reingehievt haben. Und abgenickt wurde es vom Bundesgruselkabinett jetzt auch nur deswegen, weil die gleichen Verlags-Lobbyisten noch mal mächtig Druck gemacht haben, dass unbedingt 2012 noch was passieren muss. Womöglich vermuten sie ja, dass Schwarz-Gelb es nicht mehr lange macht. Aber das ist natürlich eine reine Unterstellung.
Die von mir ansonsten angesichts ihrer bürgerrechtlichen Widerspenstigkeit geschätzte Frau Justizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP hat im Namen der Bundesregierung erklärt:
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das Urheberrecht entschlossen weiter zu entwickeln. Presseverleger sollen im Internet besser geschützt werden. Deswegen erhalten sie jetzt für ihre Online-Angebote ein eigenes Leistungsschutzrecht. Dieses gewährt Presseverlegern eine angemessene Teilhabe an den Gewinnen, die Suchmaschinenbetreiber und Anbieter von mit Suchmaschinen vergleichbaren Diensten erzielen, indem sie die Leistungen der Presseverleger nutzen.
Was für ein Geschwurbel. Überhaupt: Das Urheberrecht wurde ansonsten an keiner Stelle weiterentwickelt, schon gar nicht entschlossen. Und Suchmaschinenbetreiber erzielen auch keine nennenswerten Gewinne mit den Leistungen der Presseverleger, wie gerade TRG (die zum Beispiel SPON in Sachen SEO beraten) und Sistrix ausgezählt haben.
Die Berater kommen dabei zu folgendem Fazit:
Am Ende werden die Nutzer für eventuelle Subventionen durch Gesetze zahlen müssen. Und vielleicht möchten Nutzer lieber freiwillig für das Presseerzeugnis ihrer Wahl bezahlen anstatt unfreiwillig für ein Suchergebnis, dessen Reihenfolge sie nicht beeinflussen können. Momentan brauchen Sie über beides nicht nachzudenken: Fast jede deutsche Nachrichtenseite stellt ihre aktuellen Inhalte kostenlos ins Internet. Täglich frisch. Und dort sind sie für Mensch und Maschinen auffindbar.
So sollte das auch bitte bleiben, finde ich. Verlage, die ihren „Qualitätsjournalismus“ („Die Knallermeldung der Woche“) nicht in Suchmaschinen gefunden haben möchten, dürfen den Googlebot meinetwegen gerne aussperren – ist ja alles kein Problem mit ein paar Zeilen robots.txt
. Wenn ich Google wäre, würde ich Springer und Konsorten eh aus dem Index schmeißen und auf deren Adsense-Gelder dankend verzichten. Die Verleger werden schon sehen, was sie davon haben.
Noch ist der Entwurf ja nur vom Kabinett verabschiedet. Er muss noch durch den Bundestag und den Bundesrat. Und da sitzen hoffentlich doch noch genug Menschen, die ihr Hirn gebrauchen und diesen Unsinn stoppen werden. Andernfalls werde ich ernsthaft über Auswandern nachdenken müssen, fürchte ich.
Und ich weiß auch heute schon ganz sicher, dass ich 2013 weder Schwarz noch Gelb wählen werde. So wie ich das auch vorher noch nie in meinem Leben getan habe, so viel verrate ich an dieser Stelle gern.
So, genug gerantet.
Hinweis: Ich unterstütze die Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL).