Nokia hat also seit dem Verkaufsstart der Lumia-Familie bis heute gut eine Million Windows Phones verkauft (und das ist vermutlich Sell-in, also in den Handelskanal, nicht an Endkunden). Kleiner Vergleich: Apple hatte binnen 24 Stunden über eine Million Vorbestellungen für das iPhone 4S und verkaufte das Gerät bereits am ersten Wochenende vier Millionen Mal. Im ersten Quartal zu Ende Dezember 2011 wurde Apple 37,04 Millionen iPhones los. Sell-out an Kunden in dem Fall (wenn auch nicht alles 4S).
Es könnte sein, dass Microsoft mit Windows Phone und noch später dann Nokia mit Lumia einfach zu spät an den Markt gegangen sind. Meines Erachtens wird der „App-Investitionsschutz“ bislang noch zu wenig thematisiert: Wer schon über mehrere iPhone-Generationen wahrscheinlich hunderte von Euro für Apps ausgegeben hat (die oft zusätzlich auch noch auf dem iPad laufen), der wird so leicht nicht mehr die mobile Plattform wechseln. Für das Android-Lager gilt im Prinzip das Gleiche, auch wenn Google etwas weniger zeitlichen Vorsprung gegenüber Microsoft hat.
Ein weiteres Problem für Redmond/Espoo: Die früher gestarteten Konkurrenten haben naturgemäß deutlich größere Angebote in ihren jeweiligen App Stores und sind damit für den Anwender zumindest vordergründig attraktiver. Sowohl iTunes als auch der Android Market haben allerdings mittlerweile mit wachsenden Discovery-Problemen zu kämpfen, will sagen: Ein Nutzer findet die App gar nicht, nach der er sucht; umgekehrt wird es auch für Developer immer schwieriger, Sichtbarkeit für neue Apps zu generieren.
Microsoft hat angesichts dessen leider nichts besseres zu tun, als den Windows Phone Marketplace möglichst schnell zu füllen, dummerweise rein quantitativ. Denn obwohl Microsoft für sich die schärfste Qualitätskontrolle am Markt reklamiert, sind die meisten neuen Apps für Windows Phone absoluter Müll. Außerdem funktioniert die Suche im Marketplace miserabel und bräuchte dringend ein paar Filtermechanismen (zum Beispiel hinsichtlich der App-Sprache).
Den aktuellen Rückstand gegenüber iOS und auch dem nach Stückzahlen und Marktanteil noch schneller wachsenden Android aufzuholen, wird für Windows Phone jedenfalls verdammt schwierig. Stärkeren Rückenwind könnte die neue Plattform natürlich in der zweiten Jahreshälfte durch Windows 8 bekommen. Vorausgesetzt, die Microsoft-Kundschaft akzeptiert das Metro-Designkonzept auf PCs und Tablets und Windows 8 fällt nicht wie Vista beim Publikum gnadenlos durch.