Irgendwie scheint unsere Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) ja einen mächtig guten Draht zum „Nachrichtenmagazin“ „Focus“ zu haben. Dem steckt sie derzeit nämlich allwochenendlich ihre kruden Ansichten zu Google und schürt damit dumpfe Ängste bei vielen Menschen, die sich mit der Materie nicht so auskennen und beschäftigen.
Neulich zum Beispiel das Stück zu „Street View“. Als Antwort darauf genügt eigentlich vollkommen der Hinweis auf die Panoramafreiheit.
An diesem Wochenende folgte dann die Salve gegen „Buzz“ (seltsam, dass der „Focus“ dafür nicht von Daniel „Mr. G‑mail“ Giersch abgemahnt wurde). Diese ist aus meiner Sicht ebenfalls nicht nachvollziehbar: Zu keinem Zeitpunkt wurden bei Buzz irgendwelche Kontakte eines Google-Mail-Nutzers öffentlich, ohne dass man dem bewusst zugestimmt hätte. Wozu Google Buzz dienen soll und warum Menschen es einschalten und nutzen, davon will ich gar nicht erst anfangen. Frau Aigner buzzt jedenfalls ganz sicher nicht, das steht fest.
Frau Aigner sollte sich, wenn sie unsere Privatsphäre schützen will, erst einmal das Buch „Angriff auf die Freiheit“ von Juli Zeh und Ilija Trojanow zu Gemüte führen. Da steht eindrucksvoll beschrieben, wie unsere Regierungen in Deutschland und Europa systematisch unsere Grundrechte aushöhlen. Gottseidank haben wir wenigstens unser Bundesverfassungsgericht, das ab und an noch Schlimmeres verhütet!
Man muss allerdings auch Google eine ordentliche Portion Naivität vorwerfen – diese von Technikern und Entwicklern getriebene Firma setzt allzu oft ihre tollen Ideen vorschnell um und schafft Fakten, ohne sich ausreichend über mögliche Konsequenzen Gedanken zu machen. Siehe Book Settlement: Erst scannen, dann mit Rechteinhabern einen Deal aushandeln. Zum besseren Verständnis dieser Mentalität empfehle ich an dieser Stelle immer wieder ausdrücklich die Lektüre des Buches „Googled: The End of the World as We Know It“ von Ken Auletta – das gibt es inzwischen auch als Taschenbuch (Amazon.de-Link; wer mag, kann natürlich gern auch woanders bestellen).
2 Kommentare
KommentierenLustig – hatte heute morgen schon eine Mail an die liebe Frau Aigner verfasst.…
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Sehr geehrte Frau Aigner,
mit Verwunderung stoße ich in Artikeln über die Einführung von Google Street View immer wieder auf Ihre Position zu dem Thema.
Ihre Bedenken bezüglich des Datenschutzes in allen Ehren – aber ich als Nutzer dieses Dienstes bin inzwischen einfach nur verärgert über den Gegenwind, den dieses tolle Projekt in Deutschland erfährt.
Deutschland möchte Hightech-Land sein – und dennoch macht es sich in der Welt durch Websperren und Behinderung von Projekten wie Street View lächerlich. Ich und viele andere meiner Generation, die solche Tools wie Google Street View benutzen wollen, fühlen uns von Verbraucherschützern wie Ihnen momentan „überbeschützt“.
In 19 Ländern der Welt läuft Street View bisher – und zwar ohne dass es den großen Aufschrei gibt. Sollten wir Deutschen nicht auch einmal positiv in die Zukunft denken, und nicht nur zweiflerisch alle Perspektiven aus Angst verbauen?
Ich fordere Sie auf, dass Sie sehr wohl mich und die meisten der Deutschen Verbraucher schützen – aber nicht vor Google Street View, sondern vor der Zukunftsangst und Technikfeindlichkeit der Bürokraten, die selber solche Services niemals nutzen würden!
Ich hoffe, diese Nachricht erreicht Sie. Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,
…
PS: Frau Aigner, mal unter uns – wenn man Datenschutz ernst nimmt, und deswegen gegen Google kämpft – ist es dann seriös, von der eigenen Homepage auf facebook zu verlinken? facebook ist ein soziales Netzwerk, bei dem man nicht mal seine eigenen Daten löschen lassen kann, wenn man es will! Alle Nutzerdaten von facebook lagern im Ausland und unterliegen nicht dem deutschen Recht. Oder meinVZ, bei dem schon oft Daten verloren gingen? Sie sollten mal Ihre Social-Media-Strategie überdenken.